Mitteilung

12. Mai 2020

Regierung lehnt Volksinitiative «Privatpflege- und Betreuungsinitiative» ab

Der Luzerner Regierungsrat spricht sich gegen die kantonale Volksinitiative «Privatpflege- und Betreuungsinitiative» aus. Die Initianten fordern, dass Personen, die hilfsbedürftige Menschen pflegen und betreuen, jährlich 5000 Franken vom Einkommen abziehen können. Der Regierungsrat beantragt dem Kantonsrat, die Initiative für gültig zu erklären, sie aber ohne Gegenvorschlag abzulehnen. Nichtsdestotrotz hält der Regierungsrat dieses gesellschaftliche Thema für sehr wichtig und würdigt das Engagement der pflegenden und betreuenden Angehörigen. Er hält einen neuen Steuerabzug aber für den falschen Ansatz, diese unentgeltliche Arbeit zu honorieren. Er zieht eine auf die aktuellen und geplanten Massnahmen des Bundes abgestimmte Lösung vor.
 
Mit der «Privatpflege- und Betreuungsinitiative» soll die freiwillige und unentgeltliche Pflege und Betreuung hilfsbedürftiger Personen mit einem Steuerabzug von 5000 Franken honoriert werden. Die Initianten argumentieren, die private Pflege und Betreuung müsse mehr geschätzt werden. Wer solche Leistungen erbringe, entlaste die öffentliche Hand um mehrere Millionen Franken jährlich.
 
Anerkennung der Beweggründe
Der Regierungsrat ist der Meinung, dass die unentgeltliche Pflege und Betreuung hilfsbedürftiger Personen wertvoll ist und grosse Anerkennung verdient. Sie stellt einen wichtigen Beitrag der Solidarität in der Gesellschaft dar. In vielen Fällen ist die unentgeltliche Pflege und Betreuung die ideale Lösung für pflegebedürftige Personen oder eine sinnvolle Ergänzung und Unterstützung für die Pflege durch professionelle Organisationen. Diese und auch die Institutionen des Gemeinwesens werden entsprechend entlastet.
 
Steuerliche Ungleichbehandlung der Freiwilligenarbeit
Freiwilligenarbeit wird nicht nur in der Pflege und Betreuung geleistet. Sie findet zum Beispiel auch in sozialen und gemeinnützigen Institutionen, in der Jugendarbeit, im Kulturbereich und im Sport statt. Der Regierungsrat vertritt die Meinung, dass es nicht gerecht ist, Freiwilligenarbeit im Fall der Pflege und Betreuung hilfsbedürftiger Personen mit einem Steuerabzug zu honorieren, während in den übrigen Fällen kein Steuerabzug geltend gemacht werden kann.
 
Steuersystem für die Umsetzung nicht geeignet
Die Intention der Initianten ist es, mit dem geforderten Steuerabzug einerseits die Wertschätzung für die Betreuungsarbeit zum Ausdruck zu bringen und andererseits einen Anreiz zu schaffen, die Betreuung durch Private zu fördern. Lenkungsmassnahmen via Steuerabzüge sind nach Auffassung des Regierungsrates aber wenig effizient und intransparent. Es wäre mit grossen Mitnahmeeffekten zu rechnen. Es kann davon ausgegangen werden, dass die Pflege und Betreuung nahestehender Personen hauptsächlich aus persönlichen und altruistischen Motiven geleistet wird und nicht, um von Steuervorteilen profitieren zu können.
 
Der mit der Initiative geforderte Steuerabzug würde das schon heute hochkomplexe Steuersystem noch komplizierter machen. Die im Initiativtext genannte Abzugsvoraussetzung «hilfsbedürftige Person» ist kein taugliches Kriterium für das Massenverfahren.
 
Das Steuerrecht ist kaum ein geeignetes Mittel, um gesellschaftliche und soziale Herausforderungen mittels Schaffung neuer Abzüge zu lösen. Im Ergebnis führen immer mehr Abzüge zur Aushöhlung des Steuersubstrats, zu neuen Ungerechtigkeiten sowie zu mehr Intransparenz und Ineffizienz des Steuersystems. Bedeutend wichtiger als eine eher symbolische steuerliche Honorierung dürfte sein, dass Personen, die regelmässig unentgeltlich Pflege- und Betreuungsarbeit leisten, bei Bedarf ein wirksames und wirtschaftlich tragbares System von Beratungs- und Entlastungsangeboten zur Verfügung steht.
 
Finanzielle Auswirkungen
Gemäss Schätzungen der Initianten und der Dienststelle Steuern wäre bei Annahme der Initiative mit jährlichen Steuerausfällen von 4,7 Millionen Franken für den Kanton und von 4,9 Millionen Franken für die Gemeinden zu rechnen.
 
Koordination mit Massnahmen des Bundes
Der Bund wird voraussichtlich im Herbst 2020 die Resultate des Förderprogramms «Entlastungsangebote für betreuende Angehörige 2017–2020» präsentieren. Rechtliche Massnahmen im Kanton Luzern sollten sich auf die Empfehlungen des Bundes abstützen und subsidiär allfällige Lücken bei der Anerkennung der Angehörigenbetreuung und -pflege schliessen. Die Prüfung einer rechtlichen Bestimmung auf kantonaler Ebene kann daher sinnvollerweise erst nach Veröffentlichung des Berichts erfolgen.
 
Für die Umsetzung der Massnahmen des Bundes sieht der Regierungsrat die Schaffung einer Arbeitsgruppe unter der Leitung des Gesundheits- und Sozialdepartementes vor. Die Arbeitsgruppe soll den Auftrag erhalten, die kurzfristigen Massnahmen zu koordinieren und hierzu den Bericht des Bundes auszuwerten. Der Regierungsrat ist der Ansicht, dass mit diesem Vorgehen dem Bedürfnis jener Personen, die Angehörige pflegen und betreuen, mindestens ebenso gut entsprochen wird, wie mit einer für die einzelne Person eher bescheidenen steuerlichen Entlastung.
 
Anhang
Botschaft B 32

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